Detlev Ganten - Leben, Natur, Wissenschaft
Thomas Deichmann, Thilo Spahl ,,Alles, was man wissen muss"
Eichborn Verlag Frankfurt 2003 ISBN 3-8218-3981-3
Der Autor: Detlev Ganten ist das, was man einen klassischen Spätstarter nennt. Mit 16 Jahren
unterbrach er die Schule. Der Junge sollte Landwirt werden. Nach zwei Jahren in
der Landwirtschaft hatte er es sich indes anders überlegt. Er startete eine Karriere
als Wissenschaftler - besonders breit angelegt. Heute ist der verhinderte Landwirt
Chef der Charité, Gründungsdirektor des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare
Medizin, Lehrstuhlinhaber für Klinische Pharmakologie an der FU Berlin, war Präsi-
dent der altehrwürdigen Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, ist Mit-
glied im nationalen Ethikrat sowie Vizepräsident der Helmholtz-Gemeinschaft.
,,Buch des Lebens" wollten die Autoren ihr Werk nennen. Einerseits um den eigenen Anspruch
zu verdeutlichen, andererseits um Neugier zu wecken. Das Ziel war, ein Buch zu schreiben, das
den Leser neugierig macht auf die Geheimnisse des Lebens und des Universums. Das Buch
sollte gleichermaßen Antworten bereithalten und den Leser schließlich auch noch in die Lage
versetzen, das erfahrene neue Wissen in einen größeren Kontext einordnen zu können.
,,Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen". Dieser Wahlspruch der Aufklärung
steht am Anfang des Buches. Mit der ,,Pflicht zum Optimismus" endet es. Von ihr sprach Karl
Popper im Zusammenhang mit dem Gang der Naturwissenschaften als offenem Prozess.
Dazwischen findet der neugierige Leser so ziemlich alles was im Universum geht und steht,
kreucht und fleucht. Das Personenregister erstreckt sich über 5 Seiten 3-spaltig von Abbe
Ernst bis Zimmerli Walter 387. Walter Zimmerli, ehemaliger Präsident der Privaten Universität
Witten/Herdecke, so erfahren wir auf Seite 387, sieht den Mensch zwar genetisch wenig verän-
dert, aber zukünftig immer stärker als Teil eines symbiotischen Mensch-Maschine-Systems.
Den modernen Zentauren.
Das Sachregister umfasst gar 11 Seiten wieder 3-spaltig. Es startet mit ,,Absence" und endet
mit ,,Zytoplasma 136". Auf der Seite 136 erfährt dann der Leser, dass es sich bei Zytoplasma
um den wässrigen Inhalt der Zellen handelt mit den Faktoren für die Ausbildung der für den
speziellen Typ der Zelle charakteristischen Proteine.
Der Themenbogen spannt sich von der Entfaltung des Lebens bis zur Evolution des Geistes.
Wir erfahren etwas über Garri Kasparow, künstliche Intelligenz, Robert W. Bunsen, optische
Täuschungen, Michelangelo und Blaise Pascal, der als erster den Luftdruck erklärte und ihm
seinen Namen gab. Wir erfahren, wie man aus der Erde ein schwarzes Loch machen könnte.
Man müsste dazu allerdings den Schwarzschild-Radius unterschreiten und die Erde auf knapp
2 cm zusammenquetschen. So groß wie einen kleinen Apfel. An Apfel denkt der Leser auch
bei dem Begriff Wurmlöcher. Wir erfahren dazu, dass laut Theorie schwarze Löcher auch
Wurmlöcher bilden könnten. Diese verbinden zwei Stellen des Raumes und der Zeit. Ist die
Erde also erst einmal ein schwarzes Loch, sieht sie mit den neuen Wurmlöchern wieder aus,
wie ein wurmstichiger Apfel.... Doch Spaß beiseite. Das Buch ist formidabel. Den Autoren ist
es gelungen, auch komplexe Zusammenhänge verständlich und klar aufzubereiten. Man muss
das dicke Buch auch nicht von vorne bis hinten durchlesen. An jeder Stelle, jedem Stichwort
kann man ansetzen quasi wie der Wurm am Apfel. Dann arbeitet man sich genüsslich durch
bis zum Kern. Selbst Personen, denen Wissenschaft, Natur und Technik stets unverständlich
und ein Greuel waren, können an diesem Buch Spaß entwickeln. Ein Buch, das überdies der
Pisa-gebeutelten Nation helfen kann, wieder auf die Beine zu kommen.
Der Titel ,,Buch des Lebens" wurde vom Verlag verworfen, weil dieser Begriff für die Bibel
steht. Mit diesem ,,Buch über das Leben" ist den - fleißigen - Autoren gleichwohl ein großer
Wurf gelungen. Nicht nur, um bei Günter Jauch Millionär zu werden, sollte man in dies Buch
investieren, sondern auch zur eigenen Erbauung. www.hans-joachim-selenz.de