Sigmar Gabriel in Nöten. Das Argument bisher: Sein Verhalten in der VW-Affäre sei korrekt.
Dies trug er wie eine Monstranz vor sich her. Landtagspräsident Gansäuer habe ihm ein ,,recht-
lich absolut einwandfreies Verhalten" bescheinigt. Sein Persilschein! Weißer geht's nicht. Das
sagte Gabriel nicht nur der Braunschweiger Zeitung: ,,Ich lege schon Wert darauf: Ich habe
weder ein Gesetz gebrochen noch bin ich ins Bordell gegangen." Genosse Gabriel, der mit
seinem Parteibuch Beute machte, bleibt sich - wie immer - auch bei seinen Vergleichen treu.
Der rechtliche Hintergrund seiner Mauscheleien mit dem Volkswagen-Konzern indes ist deut-
lich diffiziler als ein Gang ins Bordell. Der wäre rechtlich noch nicht einmal zu beanstanden.
Zumindest so lange, wie die Rechnung nicht von VW bezahlt wird. Bei seiner Tarnfirma CoNeS
liegen die Dinge anders. An CoNeS war er zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe zu 75 % beteiligt.
Er war also Hauptgesellschafter. Den 100 000 Euro-Auftrag des Weltkonzerns für die Anfänger-
firma besorgte nach Angaben seines Partners Lutz Lehmann Genosse Gabriel: ,,Gabriel hat den
VW-Auftrag geholt. Sein Kontakt zu VW war besser als meiner." Auch der Job für Freundin Ines
während seiner Tätigkeit als VW-Aufsichtsrat spricht für sich, aber nicht für ihn. Gabriel hatte
doppelten Grund, eine solche Mauschelei mit dem Genossen VW-Vorstand Hartz zu unterlassen.
Sie belegt die unhygienische Nähe des damaligen Ministerpräsidenten zum Landeskonzern VW.
Der wird zwar formal vom Land Niedersachsen beherrscht. Das Sagen haben aber die Genossen.
Übrigens nicht zu verwechseln mit echten Sozialdemokraten. Die beobachten die parteischädi-
genden Umtriebe mit ungläubigem Entsetzen. Der Absturz des einst als ,,Falke" gestarteten
heutigen Privat-Kapitalisten Sigmar Gabriel steht prototypisch für Genossen auf Beutezug.
Zu dem Vertrag mit VW sagt Gabriel selbst: ,,Diesen Vertrag hätten wir nicht machen dürfen."
Korrekt! Dafür spricht sowohl die Rechtsform als GbR, als auch der VW-Anteil am Umsatz.
CoNeS ist der glasklare Versuch, das Abgeordnetengesetz zu unterlaufen. Weiterhin gibt es da
noch das Aktiengesetz. Dies Gesetz gilt auch für die landeseigene Volkswagen AG. An dies Ge-
setz ist nicht nur der Aufsichtsrat gebunden. Auch der Vorstand des Unternehmens sollte es zu-
mindest in Grundzügen kennen. Daran müssen sich die Genossen allerdings erst noch gewöhnen.
Der Auftrag und die Zahlung an die Tarnfirma von Ex-Ministerpräsident, Ex-VW-Aufsichtsrat
und CoNeS-Hauptgesellschafter Gabriel ist ein Untreuevorgang wie aus dem Bilderbuch.
Genossenmauschelei pur! Solange die SPD in Niedersachsen regierte, war das kein Problem. Die
Partei hat die Staatsanwaltschaften mit Genossen bestückt. Bei den Gerichten wurden linientreue
Genossen in Schlüsselpositionen deponiert. Ebenso im Justizministerium. Auch heute noch sitzt
die nach Aussage hochrangiger Parteifreunde ,,völlig unpolitische" niedersächsische CDU-
Justizministerin einem SPD-Ministerium vor. Derart abgesichert kann sich der Genosse in
Niedersachsen sogar die Rechtsschutzversicherung sparen. Der Staatsanwalt greift bei krimi-
nellen Genossen nur ein, wenn Bürger Anzeige erstatten. Unwillig und gezwungenermaßen.
Die ,,unabhängige" Justiz befindet sich in Niedersachsen in weiten Bereichen in Genossenhand!
Landtagspräsident Gansäuer beurteilt das Verhalten des Herrn Gabriel indes anders als dieser. Er
sieht seine Erklärung zum Fall Gabriel sogar ausdrücklich ,,missbraucht". Angesichts des Abge-
ordnetengesetzes, des Aktiengesetzes und der Landesbeteiligung an dem Autokonzern ist das
juristisch nachvollziehbar. Gansäuer sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, er habe
Gabriel keinen ,,Persilschein" ausgestellt. Er habe dem Kollegen Gabriel lediglich bescheinigt,
,,dass an seinen Auskünften formalrechtlich nichts zu beanstanden ist. Das er für VW tätig war,
ging aus diesen Auskünften nicht hervor." Abgesehen von der politisch-moralischen Dimension
ist Gabriels Verhalten dreiste Vetternwirtschaft jenseits gesetzlicher Normen. Das trifft auch auf
den Weltkonzern VW zu. ,,Was mir bei der Auseinandersetzung der letzten Wochen völlig un-
verständlich bleibt, ist die Rolle von VW", so Landtagspräsident Gansäuer. Ebenso wie Ex-VW-
Aufsichtsrat Gabriel steht auch Partei-Genosse und VW-Vorstand Hartz ohne Persilschein da.
Peine, den 12. Februar 2005 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz