Wohin man auch schaut dieser Tage überall der gleiche Befund. Die Republik wird geplündert.
Die Einkommen derer, die die Fäden ziehen, gehen ab wie die Düsenjäger. Bei denen, die die
Räder drehen, ist dagegen immer öfter Ebbe in der Kasse. Doch auch sie wollen am Aufschwung
teilhaben. Angemessen versteht sich. Das Leben wird von Tag zu Tag teurer. Die letzte Tank-
füllung kostete mich erstmals mehr als mein erster Gebrauchtwagen. Für den alten Käfer musste
ich im Jahre 1970 letztlich 198 DM berappen. 2 DM fand ich nämlich, als ich ihn sauber machte.
Dass einmal ein voller Tank ebensoviel kosten würde, hätte ich damals nie für möglich gehalten.
Für einen Lokführer wird Tanken langsam zum Problem. Bei 1600 Euro netto ist das jedesmal
eine kleine Investition. Er braucht den Sprit aber, um zur Arbeit zu kommen. Den Bahnvorstand
würde ein voller Tank ebenso viel kosten. Natürlich nur nominell und theoretisch - wenn er denn
tanken müsste. Mehdorn und Kollegen hatten sich ihre Gage gerade mal um 31 Prozent erhöhen
lassen. Vom Aufsichtsrat. Der wiederum passt sich seine Bezüge - in aller Regel - im Gleich-
schritt ebenfalls an. Woran? An die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Was denn sonst? Andere
Bezugsgrößen kommen bei der Bahn und ihren Milliardensubventionen eh nicht in Betracht. Ein
Kontrollorgan, das die schamlose Selbstbedienung der Organe hierzulande stoppen könnte, gibt
es nicht. Es geht um persönliche Pfründe. Da ist das Gewissen ausgeschaltet. Diese Herrschaften
sind die neuen Vorbilder im Lande. Folglich dachten sich die Lokführer, es wäre nicht mehr als
angemessen, wenn man ihre Löhne ebenso anheben würde. Wegen der Lebenshaltungskosten.
Was denn sonst? Die 31 Prozent wären bei einem Lokführer ca. 660 Euro - die Zahl merken wir
uns. Das will der Bahnvorstand indes nicht zugestehen. Dessen Lohnerhöhung liegt um Größen-
ordnungen darüber. Daher stehen nun die Züge. Die Wirtschaft droht, aus dem Tritt zu geraten.
In vielen anderen Firmen geht es ähnlich zu. Deutsche Unternehmen profitieren im weltweiten
Wettbewerb vom Wissen und vom Können ihrer Mitarbeiter. Die Gewinne sind oft mehr als vor-
zeigbar. Auch dort steigen die Einkommen von Vorstand und Aufsichtsrat in schwindelnde
Höhen. Die Mitarbeiter spüren indes nur wenig von den guten Zahlen. Das Gift, das Deutsche
Bank-Chef Ackermann in die Köpfe spritzte, wirkt. Er verkündete Entlassungen im Gleichschritt
mit Rekordgewinnen. So vergiftet man die Atmosphäre. Solide und nachhaltig. Selbst in Unter-
nehmen, die seit Jahren keinen Cent verdienen, wie bei der Preussag/TUI AG, dreht sich die
Gagen-Spirale munter weiter. Das ist Selbstbedienung pur. Dabei handelt es sich bei Vorständen
um nichts anderes als um Leitende Angestellte. Nicht mehr und nicht weniger. Mit zahlreichen
Privilegien obendrein. Vorstände sind keine Unternehmer. Ein persönliches Risiko, wie bei
einem Mittelständler, gibt es faktisch nicht. Jeder ehrenamtliche Vereinsvorstand haftet mit
seinem Privatvermögen. In der Wirtschaft tritt die Managerversicherung in Aktion. Bei VW ließ
man sich sogar vorsätzliche Untreuehandlungen von der Versicherung bezahlen. Die Vollkasko-
Absicherung der Vorstände mutierte zur Bordellversicherung. Ein Rundum-Sorglos-Paket.
Auch unsere Abgeordneten genehmigen sich dieser Tage mal eben eine Anpassung ihrer Bezüge
um satte 9,4 Prozent. Das sind ebenfalls ca. 660 Euro. Wegen gestiegener Lebenshaltungskosten
- versteht sich. Wir erinnern uns an die Wunschzahl der Lokführer. Die Abgeordneten wollen
ihre Bezüge zudem an diejenigen der Richter koppeln. Das ist praktisch und spart viel Zeit. Die
Gehälter der Richter erhöht der Bundestag routinemäßig. Damit spielt man künftig über Bande.
Dann merkt´s halt keiner. Die Richter können sich jetzt schon freuen. Das wird der Zukunftsjob.
Die Republik im Herbst 2007: Ein SB-Laden. SB für Privilegierte. Jeder nimmt sich, was er will.
Am Ausgang des SB-Ladens bildet sich daher auch keine Schlange. Kasse? Fehlanzeige. Zahlen
müssen andere. Mitarbeiter, Aktionäre und der einfältige Bürger. Auf der Suche nach Sonder-
angeboten geht so mancher Leitende da schon mal in die Luft. Niedersachsens Finanzminister
Möllring schaute sich sein Bundesland von oben an. Aus dem Cockpit eines Düsenjägers und
verballerte zum Jux mal eben Sprit für 8.500 Euro. Sein Kindheitstraum. Dafür könnte sich so
mancher Lokführer den Tank füllen. Dem fehlt indes die Kreditkarte für die SB-Republik BRD.
Peine, den 16. November 2007 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz