* Braunschweiger (BS) Zeitung 6. ­ 8. August 2008
Die VW-Porsche-Ehe nimmt Gestalt an. Dieter Wedel kann sich freuen. Sein geplantes Film-
projekt zu diesem Thema wird ein Knüller. Denn gegen das, was man in den letzten Jahren bereits
über diese Ehe erfahren durfte, waren Dallas oder Denver-Clan kalter Kaffee. Und täglich
wabbern neue Meldungen durch die Medien. Dabei ist schon das bisherige Geschehen nicht zu
verachten. Seit Dr. Schuster, ein Hauptbeteiligter der VW-Affäre, am 19./20. Dezember 2005 bei
LKA und Staatsanwaltschaft Braunschweig aussagte, sind Fakten und Motive bekannt. Der
Öffentlichkeit zwar noch nicht, der Justiz dafür umso mehr. Dr. Schuster sagte über zwei Tage so
präzise und gründlich aus, dass er - bis dato - völlig unbehelligt blieb. Er könne jederzeit detailliert
nachlegen. Auch schriftlich. Schon über dies Protokoll kann Dieter Wedel Erstaunliches berichten.
Aktuell* wird ein Held vorgeführt. Porsche AG-Chef Wiedeking. Presseorgane sind informiert.
Allen voran die BS Zeitung und der SPIEGEL. Spielt man sich gar die Bälle zu? Die Quelle: Top-
secret. Im Januar berichteten die Braunschweiger noch über die heimische Staatsanwaltschaft. Da
ging es um ,,Strafvereitelung im Amt". Am 6. August nun entführte Eckhard Schimpf, ehemals
Vize-Chefredakteur, seine Leser in ein bemerkenswert turbulentes Meeting des Porsche-Clans:
,,Macht Euren Scheiß` doch allein", fauchte er (Wiedeking) vor einigen Monaten den innersten
Zirkel der Porsche-Familie an. Was war geschehen? Einer der Porsches hatte sich bitter
beschwert, weil Wiedeking der Familie etwas weggenommen hatte. Und zwar ,,Porsche Design".
Mit edlen Uhren und Brillen ist das zwar ein kleines, aber feines Geschäftsfeld, das einige
Familienmitglieder außerhalb der AG betrieben. Dieser Besitzerwechsel hatte Folgen. Die
Familienmitglieder durften sich, als sie noch selber Porsche-Design führten, stets über Gewinne
aus diesem Mini-Geschäft freuen. Als Wiedeking sie entmachtet hatte, mussten sie erleben, dass
Porsche-Design unter Wiedekings Leitung plötzlich 30 Millionen Euro Verlust machte; in den
dreißig Jahren zuvor hatte es niemals Verluste gegeben. Das saß. Für viele in der Porsche-
Familie ist es mittlerweile keine Frage mehr: Wenn Wiedeking, der 100-Millionen-Euro-Manager,
heute sein götz-ähnliches Zitat wiederholen würde, sähe die Reaktion wohl anders aus. Dann
hieße die Antwort der Porsches wahrscheinlich: ,,Ist in Ordnung! Machen wir!""
Tatsächlich?
Dabei ist der Autor des Ehe-Berichtes, Eckhard ,,Ekki" Schimpf, kein unbeschriebenes Blatt. Als
langjähriger Männerfreund von Porsche-Eigner Piech durfte er sogar mal Bugatti Veyron fahren.
Bereits am 15. August 2003 fragte Schimpf: "Wohin steuert VW? - Papiere des Vorstands für die
Zeit nach dem VW-Gesetz: Die Speckschicht muss weg."
Damit verursachte er fast einen Flächen-
brand in der VW-Region. Die Pläne aus dem Jahre 2003 zum Verkauf der Werke in Salzgitter und
Braunschweig - lange vor dem Porsche-Einstieg - kamen eindeutig nicht von Wiedeking. Dessen
Bemerkung zu den heiligen Kühen bei VW hatte Schimpf wesentlich schärfer formuliert. Seine
Überschrift in 2003 lautete: ,,Selbstbedienungsladen vor der Schließung." Wer stand damals
hinter Ekki Schimpf? Denn nun ist Porsche tatsächlich intensiv dabei, das VW-Gesetz zu kippen...
Der staunende Leser erfährt aktuell* bei Schimpf Details nicht nur über Wiedekings ,,kalten Krieg
bis in die höchsten Etagen."
Der exklusive Sportwagenhersteller sei allein nicht überlebensfähig.
Aufwändige Eigenentwicklungen könne sich der Autozwerg kaum leisten. Die schwäbische Firma
sei für die Realisierung neuer Produkte auf den VW-Konzernbaukasten angewiesen. ,,Volkswagen
baut heute schon die Kernlinie Cayenne, in Kürze kommt der Panamera dazu. VW erledigt somit
das Hauptgeschäft der Stuttgarter." ,,Wenn Porsche doch mal gefordert wird, sind die Probleme
riesig."
,,Inkonsequentes Porsche-Kostenmanagement" gehe einher mit ,,schlampiger Vorarbeit."
,,Andererseits fordert Wiedeking bei VW immer wieder Effizienz und volle Transparenz bei allen
Projekten."
Synchron zu den internen Breitseiten auf Wiedeking gelangten Ehe-Probleme von
Porsche AR-Chef Wolfgang Porsche an die Öffentlichkeit. Das sind genau die Zufälle, die diese
Auto-Ehe so interessant machen. Auf diese Ehe können sich Wedels Zuschauer schon jetzt freuen.
Ob die VW-Werker damit ebenfalls glücklich werden, steht indes auf einem ganz anderen Blatt.
Peine, den 4. September 2008
gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz