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Albrecht Müller - Machtwahn
- Wie eine mittelmäßige Führungsschicht uns zugrunde richtet -
Droemer Verlag 2006 ISBN-13: 978-3-426-27386-9
Albrecht Müller ist Nationalökonom. Er schrieb die Reden von Superminister Karl Schiller.
Zehn Jahre leitete er die Planungsabteilung des Kanzleramtes unter Willy Brandt und Helmut
Schmidt. Von 1987 bis 1994 gehörte er dem Bundestag an. Müller ist Autor des Buches die
,,Reformlüge" und Herausgeber des online-Portals www.NachDenkSeiten.de
Der Arbeitstitel von Müllers Buch lautete ursprünglich: ,,Dumm oder korrupt?" Keine schlechte
Frage - möchte man meinen - führt man sich Entwicklung und Zustand der Republik vor Augen.
Dem Verlag schien dies dann doch zu frech. Und zu gewagt. Warum eigentlich? Angesichts der
Situation in diesem unserem Lande hätte man ein wenig umformulieren müssen: ,,Dumm und
korrupt?" Lautete das Ziel unseres gaspromoteten jüngsten Altkanzlers nicht flott und schlicht:
,,Halbierung der Arbeitslosenzahlen"? Sonst wollte er abgewählt werden. Das hat er nun ja auch
geschafft - zumindest bezüglich der Abwahl. Mit hohem taktischem Sachverstand. Versteht sich.
Kaum war er den alten Job los, wartete Polit-Kumpel Putin schon mit einem neuen. Den hatten
die beiden Freunde vorher eiligst in die Röhre geschoben. Wenn das kein g(l)asklarer Zufall ist?
Man kann nur zustimmen, wenn Müller behauptet ,,In keinem Land ist der makroökonomische
Sachverstand so gering wie bei uns". Der Autor beklagt die ideologische Wende seit Anfang der
siebziger Jahre. ,,Deutschland war in den letzten dreißig Jahren zwar immer Stabilitätswelt-
meister, aber bei den realwirtschaftlichen Zielen Wachstum und Beschäftigung haben wir es im
internationalen Vergleich nur zu höchst bescheidenen Ergebnissen gebracht." Das kann man in
der Tat nicht leugnen. An Hand ausführlicher Tabellen belegt der Autor Wachstumsraten des
realen Bruttoinlandsprodukts und die Entwicklung der Arbeitslosenrate von 1965 bis 2005. Im
Vergleich mit den USA und der Euro-Zone. Deutschland sieht dabei höchst bescheiden aus.
Müller stellt die Frage, ob Deutsche Bank-Chef Ackermann so viel mehr schafft als sein unter-
ster Mitarbeiter? ,,Wenn es oben nicht mit rechten Dingen zugeht, warum sollten sich dann alle
anderen nach den >überkommenen< moralischen Spielregeln richten?" Für Müller einer der
Gründe für eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Dramatisch gestiegenen Managergehäl-
tern steht der Abstieg von immer mehr Menschen auf Arbeitslosengeld II-Niveau gegenüber.
Gefahren für die Demokratie erwachsen für den Autor daraus, dass Teile der Gesellschaft die
Rolle ,,wirtschaftspolitischer Versuchskaninchen" spielen müssen. ,,Wie ehedem der Kommunis-
mus so unterwirft der Neoliberalismus die Menschen dem Zwang, sich den neuen Gegebenheiten
anzupassen, anstatt die Gegebenheiten nach den Bedürfnissen der Menschen zu gestalten."
Darin sieht Müller ,,im Kern keine liberale, sondern eine feudale Bewegung". Eine von vielen
höchst eigenwillig begründeten Wertungen Müllers. Anregungen zu vertieftem Nachdenken.
Müller geißelt Meinungsmanipulation durch die Macht über die Medien. Behauptet, Korruption
setze bei den Eliten an, nicht beim Volk ,,denn es wäre viel zu teuer und würde sich nicht
lohnen, wollte man das ganze Volk korrumpieren". Beklagt die Verschleuderung des gemeinsam
Geschaffenen durch korrupte Eliten. Wirft einen durchaus überraschenden Blick auf die Alters-
pyramide. Insbesondere in deren ,,klassischer (Dreiecks-)Form". ,,Reibungslose Interessenver-
flechtungen" sieht Müller bei Gert Haller, dem neuen Chef des Bundespräsidialamtes - ohne
Gehalt. Bisher Chef des Finanzkonzerns Wüstenrot. Der sponsort - über Hallers Pension - nun
ein hohes Amt im Staate. Auf seinen Nachdenkseiten ließt man dazu: ,,Nur weiter so. Bald stel-
len DaimlerChrysler oder E.on die Staatssekretäre im Wirtschaftsministerium, Siemens vielleicht
den Chef des Kanzleramtes oder der BDI ordnet kostenfrei die Amtschefs für das Sozialministe-
rium ab. Das spart Geld - dem Staat und natürlich auch den Konzernen...." Schöne neue Welt?
Man muss nicht jedem Gedanken folgen, um ,,Machtwahn" dennoch interessant und überaus
bemerkens- und lesenswert zu finden.
www.hans-joachim-selenz.de
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