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Nur ein Augenblick: ,,...das Öl wird knapp

- was werden wir in Zukunft tanken"?*
* Volkswagen Magazin ­ Leben in der mobilen Welt 02 - 2007 Select Seite 19

,,Die weltweite Nachfrage nach Treibstoffen steigt, das Öl wird knapp - was werden wir in Zu-
kunft tanken?"
Dr. Wolfgang Steiger, Abteilungsleiter Antriebsforschung bei VW und Experte
für Treibstoffe der Zukunft, beschreibt im Volkswagen Magazin womit ,,Autos morgen fahren".
Die Antworten des VW-Experten scheinen zu beruhigen. ,,Zunächst werden die Vorräte durch
Beimischung von alternativen Kraftstoffen gestreckt... Für unsere Kunden ändert sich scheinbar
nichts, da es sich weiterhin um flüssige Kraftstoffe handelt, die an normalen Tankstellen abgege-
ben werden".
Auf die Frage, ob auch künftig genug von den neuen Kraftstoffen zur Verfügung
stehen wird, antwortet der VW-Experte: ,,Eindeutig ja." Das hingegen ist eindeutig falsch.

Otto Normal-, Super- oder Diesel-Verbraucher sieht mit Grausen ständig steigende Spritpreise.
Ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Mit knapper werdendem Öl klettern die Preise weiter.
Und täglich kommen Tausende und Abertausende Verbraucher neu hinzu. Nicht nur in Indien
oder China. Der Ölverbrauch steigt ungebremst. Die Fördermenge liegt indes schon seit 2 Jahren
bei ziemlich genau 85 Mio. Barrel pro Tag. Weltweit. Neu erschlossene Felder einbezogen.
Die Reserven sind begrenzt. Bedeutende Ölfelder haben ihr Fördermaximum bereits überschrit-
ten. Andere sind gänzlich ausgebeutet. Dazu braucht es - je nach Ergiebigkeit - nur einige Jahr-
zehnte. Gebildet haben sich diese flüssigen Kohlenwasserstoffe hingegen in einem Zeitraum von
ca. 200 Millionen Jahren. Im Deutschen Erdölmuseum in Wietze kann man sich den Lebenslauf
von Ölvorkommen plastisch anschauen. Die Förderrate folgt der sogenannten Hubbert-Kurve.
Sie beginnt mit einem steilen Anstieg nach der Erschließung. Je nach Potential folgt dann ein
mehr oder minder langes Plateau. Geht das Öl schließlich zur Neige, fällt die Fördermenge wie-
der ab. Durch das Einleiten von Wasser, Heißdampf, CO2 oder Chemikalien kann man die Aus-
beute optimieren. Jeder kennt das Phänomen. Auch aus einer Zitrone kommt mit zunehmender
Kraft zwar noch der eine oder andere Tropfen. Aber irgendwann ist endgültig Schluss. Definitiv!

Nicht wenige Experten sehen in den derzeitigen Fördermengen bereits das Maximum. Danach,
so deren Prognose, geht der Ausstoß zurück. Man bezeichnet sie derzeit noch als ,,Pessimisten".
Doch selbst wenn man täglich 100 Mio. Barrel aus den Quellen quetschen könnte - die Förder-
menge wird zukünftig abnehmen. Der Bedarf indes steigt weiter. Zwischen Förderung und Be-
darf wird sich daher eine Schere auftun. Und die wird größer. Jahr für Jahr. Die Folgen sind dra-
matisch. Öl ist das Blut im Kreislauf der Weltwirtschaft. Es droht Anämie. Realistische Alter-
nativen sind nicht in Sicht. Schon gar nicht in den benötigten Mengen. Synthetische Treibstoffe,
wie SunFuel, stecken quasi noch im Versuchsstadium. Diese Öl-,,Ersatzstoffe" in Gänze sind
angesichts der zu erwartenden Bedarfslücke wie der Tropfen auf dem heißen Stein. Volle Tanks
führen künftig zugleich auch zu leeren Tellern. Spannungen sind damit vorprogrammiert. Welt-
weit. Neben Preissteigerungen der brutalen Art wird es daher auch zu Rationierungen kommen.
Es wird also ernst. Warum reagiert die Politik bislang so gelassen auf die absehbaren gewaltigen
Umwälzungen? Einerseits sicherlich deswegen, weil das Problem - hoffentlich - erst in der
nächsten Legislaturperiode heiß läuft. Andererseits kann man es nicht mit Sonntagsreden lösen.
Derweil planen und bauen wir weiter Flughäfen, Autobahnen und Straßen. Ganz so, als sei der
Sprit in unbegrenzten Mengen vorhanden. Erschwinglich, sicher und vor allen Dingen dauerhaft.

Ein Umstand ist es zudem wert, sich Gedanken zu machen. Über den Tag hinaus. Die Ölvorräte
dieser Welt entstanden in ca. 200 Mio. Jahren. Wir verfeuern sie in ca. 200 Jahren. Das ist ein
Verhältnis von 1 Million zu 1! Als Ingenieur ist man stets versucht, sich ein Bild zu machen:
Man betrachte unseren Planeten aus der Ferne und raffe 200 Mio. Jahre zu einem Tag. Alles, was
sich im Laufe dieses Tages an Öl gebildet hat, verfeuern wir in der letzten Zehntelsekunde. Das
ist - in etwa - der Millionste Teil eines Tages. Der ferne Betrachter sieht am Ende des Tages ein
kurzes Aufblitzen. Nur ein Augenblick... (Infos zum Thema ,,Ölfördermaximum" bei wikipedia).

Peine, den 16. Juni 2007 gez. Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

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