Da sammelt ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen Daten zum Thema Wirtschaftsbetrug und veröffentlicht die daraus gewonnenen Erkenntnisse ganz offiziell in der Presse. Für den ge- neigten Leser sind die Ergebnisse der Studie der Wirtschaftsprüfer von Pricewater- houseCoopers (PwC) nicht ganz neu, hat er doch über die Täter mit den weißen Kragen in den Top-Etagen der deutschen Wirtschaft schon einiges gelesen.
Der Versuch der Wirtschaftsprüfer von PwC, Licht in das Dunkel deutscher Wirtschaftskrimi- nalität zu bringen, scheint aller Ehren wert. Der Leser erfährt, dass Wirtschaftsverbrechen lediglich einen Anteil von weniger als zwei Prozent an allen registrierten Straftaten haben. Diese machen jedoch mehr als 50 Prozent des registrierten Schadens aus, der sich wiederum auf geschätzte 6,7 Milliarden Euro beläuft. So weit so gut, bzw. so schlecht, denn die Dunkel- ziffer soll enorm hoch sein. Die Hälfte der Wirtschaftsstraftaten wird nämlich nur durch Kommissar-Zufall oder Tipps entdeckt. Da hat es ein gestandener Bankräuber schon deutlich schwerer. Er trägt das volle ,,unternehmerische" Risiko und kann nur zu weitaus weniger als 50 Prozent mit einem für ihn ,,glücklichen" Ausgang der Unternehmung rechnen. Von langen, staatlich verordneten Trennungsphasen von der Familie ganz zu schweigen.
Auf ihrer Suche nach den Ursachen der Wirtschaftskriminalität in Deutschland hätten die Prü- fer sich die Arbeit durchaus erleichtern können. Im eigenen Hause hätten sie ohne große Mü- he die ganze Palette des Wirtschaftsbetruges in Deutschland finden und sauber analysieren können. PwC zeichnet als Wirtschaftsprüfer verantwortlich für den größten Betrug in der deutschen Wirtschaftsgeschichte, den Betrugsfall um die Unternehmen der West LB/ Preussag-Gruppe. Nahezu 20 Milliarden Euro hat diese Gruppe seit 1994/95 in betrügerischer Absicht verbrannt, unterschlagen und hinterzogen. Zehntausende Mitarbeiter der Gruppe ha- ben ihre Arbeitsplätze verloren. Das technologische Know-How der ehemals staatlichen Gruppe z. Tl. mit Milliarden Steuermitteln aufgebaut, wie bei der Marinewerft HDW wurde zu allem Überfluss dabei auch noch ins Ausland verschleudert. Ohne die Unterschrif- ten der Prüfer von Treuarbeit, C&L und PwC, wie das Unternehmen in seiner langen Ge- schichte firmierte, hätte es den Milliardenbetrug in der Gruppe nie geben können.
PwC ,,prüfte" nämlich nicht nur die West LB, sondern auch Preussag/TUI, Babcock Borsig und HDW. Dabei war den so genannten Wirtschaftsprüfern der Betrug detailliert bekannt. Als Mitglied des Vorstands der Preussag AG hatte ich am 7. Januar 1998 eine Sonderprüfung des gefälschten Jahresabschlusses des Unternehmens durch einen zweiten unabhängigen Wirt- schaftsprüfer verlangt. Und zwar schriftlich! Das hinderte die nachweisbar mit hohen fünf- stelligen Summen bestochenen Prüfer jedoch nicht daran, ihr eigenes gefälschtes Zahlenwerk nochmals zu bestätigen. Der über die schweren Betrugsvorgänge im Detail informierte Auf- sichtsrat nickte das gefälschte Zahlenwerk trotzdem ab. Danach fälschte der Aufsichtsrat in ,,Collaboration" mit Restvorstand und Wirtschaftsprüfer final auch noch den Geschäftsbe- richt. Der Aktionär konnte den Betrug in diesem offiziellen Dokument somit nicht erkennen.
Zu allem Überfluss sind sogar die zuständigen, staatlich angestellten Ermittler der Staatsan- waltschaft Hannover über die Betrugsvorgänge seit Jahren informiert. Sie verharren in gera- dezu krimineller Untätigkeit, während um sie herum das ganze Betrugsgebäude Stein für Stein in sich zusammenfällt. Den Konkurs der Babcock Borsig AG mit weiteren Tausenden neuer Arbeitsloser und einem Finanzschaden von mehr als 5 Milliarden Euro geht voll auf das Konto der pflichtwidrig untätigen Kungel-Staatsanwälte in Hannover. Diese lassen den Betrug zu, weil hohe und höchste Parteigenossen im Umfeld des ,,Gangsters in Nadelstreifen" Friedel Neuber in die Betrugsabläufe unmittelbar eingebunden sind. Die neue Führung der West LB hat die Fälscher derweil schon rausgeworfen und denkt sogar an eine Klage gegen PwC. So weit ist die zuständige Staatsanwaltschaft Hannover bisher noch nicht. PwC darf unter dem Schutz der Staatsanwälte in Hannover staatlich lizensiert weiter ,,prüfen".
Peine, den 28. August 2003 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
|