Zum Tode von Friedel Neuber ­ ein Nachruf!

Nachdem die Agenturen am 23. Oktober den plötzlichen Tod von Ex-West LB-Chef Neuber ge-
meldet hatten, stand mein Telefon nicht mehr still. Jeder, der mein ganz spezielles Verhältnis zu
Neuber kannte, wollte die Nachricht als erster überbringen. Gleichzeitig bat man mich um einen
spontanen Kommentar. Doch Eile war noch nie ein guter Ratgeber. Und gerade in einem solchen
Fall sollte man zu allererst die Totenruhe wahren. Zudem galt schon bei den alten Römern:
,,De mortibus nihil nisi bene", was soviel bedeutet, wie: ,,Über Verstorbene berichtet man nur
Gutes!"
Dies schien bei Friedel Neuber - zumindest auf den ersten Blick - keine leichte Aufgabe.

Doch was ist gut? Der Begriff scheint ausschließlich positiv besetzt. Gut, besser, am besten. Ein
Gut-Teil ist aber auch ein großes Teil. Lass gut sein, bedeutet: Man kann es mit dem Guten auch
übertreiben. Des Guten zuviel, sozusagen. Gutes im Übermaß verkehrt sich also ins Gegenteil!
Und gut gemeint ist bekanntlich sehr oft schlecht. Das macht einen ,,korrekten" Kommentar er-
heblich leichter. Schließlich hatte Neuber seine Aktionen stets gut vorbereitet. ,,Gut" stand bei
ihm außerdem bzw. zu allererst für Guthaben bzw. Gutdünken. So gewinnt der Begriff ,,gut" Ge-
stalt im Neuberschen Sinne. Wenn man sagt, der plötzlich Verblichene habe sehr viel Guthaben
nach Gutdünken verteilt, ist man noch näher dran an Neuber, ohne das Gute verlassen zu haben.
Man muss ihm außerdem zugute halten, dass er sich trotz seiner nur allzugut bekannten Image-
defizite - man nannte ihn den ,,Paten", also den Don Corleone vom Rhein - mit vielen Entschei-
dungsträgern in diesem unserem Lande sehr gut verstand. Sie hießen vieles gut, was gut und ger-
ne jenseits von Gut und Böse angesiedelt war. Seine guten Freunde ließen ihn auch dann nicht im
Stich, als seriöse Blätter ihn beschrieben als ,,Gangster" oder gar ,,Verbrecher in Nadelstreifen".

Neubers Kreativität öffnete der öffentlich-rechtlichen Bank ganz neue Geschäftsfelder. Vor ihm
war Schwarzgeld ein weißer Fleck bei den Landesbanken. Systematisch begann Neuber, diesen
Missstand zu beheben. Milliardensummen an Schwarzgeld wurden durch ihn blütenweiß. Hörte
man fortan bei deutschen Bankern von Geldwäsche, konnte man sicher sein, ihn an der Spitze zu
finden. Der Begriff Geldwäsche erhielt durch Neuber quasi einen guten Klang (siehe auch meinen
Kommentar vom 27. Juli 03). Justizbeamte machte sich Hobbyjäger Neuber durch allerlei Lust-
barkeiten und Millionensummen ,,unter dem Tisch" zu Genossen. Der Begriff ,,Genosse" stammt
übrigens aus der Jägersprache. Man macht z. B. nach guter alter Jägersitte einen Jagdfreund ,,ge-
nossen"
- in der Regel den Hund. Dazu überlässt man ihm einen Teil der Beute. Neuber machte
das so gut, dass die Strafverfolger bei ihm nie ernsthaft zufassten. Gute Freunde machte er sich
mit seinem Investmentclub IC 72. Der IC 72 ermöglichte Politikern und Managern - gerne auch
aus öffentlich-rechtlichen Medien - das karge Taschengeld mit kleinen Spekulationsgewinnen
aufzubessern. Schwarzgeld in großem Stil verschaffte er sich durch die West-Spiel, die Spielban-
kentochter der West-LB. Denn auch bei den Tochtergesellschaften der Bank überließ er nichts
dem Zufall. Kongeniale Partner fand er bei den Wirtschaftsprüfern von PwC. Nachdem man diese
mit Reisen zu den olympischen Spielen in Atlanta genossen gemacht hatte, fälschten die ,,Prüfer"
gemeinsam mit ihm und dem AR Bilanz und Geschäftsbericht der West LB-Tochter Preussag AG.
So machte sich Neuber mit guten Freunden ein gutes Leben. Andere gute Freunde sicherten es ab!

Mit dem PJC-Jet der West LB erschloss Neuber polit-touristisches Neuland. Politiker, wie MP
Rau, durften auf Kosten der Bank ganz neue Erfahrungen in der Luft sammeln. Fliegerfreund
Clement machte die Polit-Ausflüge als ,,Luftnummern" zum stehenden Begriff. Sie festigten die
Familienbande. Viele seiner besten Fliegerkameraden folgten ihm daher auf seinem letzten Gang.
Sogar der Kanzler stand am Grab des Partei-Freundes. Der war für Schröder einst sowohl ,,Wirt-
schaftsimperialist"
als auch die Inkarnation der Steigerung: Feind - Todfeind - Partei-Freund.
Neubers West LB-Tourismus-Imperium, gestrickt mit den Milliarden der einst staatlichen
Salzgitter AG, überlebte seinen Tod indes nur um Tage. Kaum hatten seine guten Freunde ihn zu
Grabe getragen, verscherbelten seine Banker-Epigonen sein Lieblingsspielzeug TUI ins Ausland.
Wie sagten schon die alten Römer: ,,Sic transit gloria mundi - So vergeht der Ruhm der Welt".

Peine, den 14. Dezember 2004 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz


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