Nun ist es sogar gerichtsfest. Wie bei Gerhards Haaren. Doris hat die Wahlen 2005 nicht aus- gelöst. Wäre ja auch ziemlich merkwürdig. Einer der größten deutschen Kanzler der letzten acht Jahre, politisch angeschoben von der eigenen Frau? Die Idee, sich abwählen zu lassen, um sich anschließend deutlich lukrativeren Jobs zuzuwenden, kam diesmal von Gerhard selbst. QED!
Es wäre in der Familie Schröder-Köpf allerdings nicht das erste Mal, dass Doris einen genialen Gedanken spinnt. Die ehemalige Journalisten hat sowohl das Wissen, als auch die nötige Phanta- sie. Dass sie daraus wichtige Ideen für die berufliche Entwicklung ihres Mannes entwickelt, wäre so neu nicht. Doris war nie das Heimchen am Herd. Sie regierte mit. Und zwar äußerst ziel- strebig und aktiv. Am 8. Januar 1998 war ein solcher Moment. In weniger als zwei Monaten sollte in Niedersachsen Wahl sein. Dabei ging es nicht nur um den Ministerpräsidenten. Gatte Gerhard hatte sich die Latte gleichsam selbst hoch gelegt. Mit einem überzeugenden Sieg wollte er zugleich Kanzlerkandidat der SPD werden. Ein durchaus schwieriges Unterfangen. Seine ,,Par-teifreunde" Johannes Rau und Oskar Lafontaine hatten nämlich gänzlich andere Ideen. Oskar sollte Kanzler werden. Der wiederum hatte Johannes versprochen, ihn dafür ins Schloss Bellevue zu hieven. Daher durfte Gerhard in Niedersachsen eben nicht gewinnen. Zumindest nicht überzeugend. Der hatte sich im Wahlkampf vehement für den Verbleib des Salzgitter Stahlwerkes im Inland eingesetzt. Das Stahlwerk gehörte allerdings ins Reich der West LB. Chef der West LB war wiederum Friedel Neuber, ein ,,Schwerstkrimineller, der nicht zu packen ist, da er alle im Sack hat", wie Gerhard ihn treffend beschrieb. Johannes überredete daraufhin seinen Intimfreund und Lust-Finanzier Friedel, dem Gerhard das Stahlwerk ,,unter dem Arsch weg zu verkaufen". Für Normalohren durchaus gewöhnungsbedürftig. Unter ,,Parteifreunden" wie Johannes und Gerhard - der Steigerung von Feind und Todfeind - war dies indes durchaus gängige Tonart. (siehe: ,,Wildwest auf der Chefetage Schröders Kampf um Salzgitter und die Kanzlerschaft")
In seiner Sitzung am 8. Januar 1998 exekutierte der Vorstand der Preussag AG Neubers Befehl. Unter Protokoll Nr. 1113 wurde das Stahlwerk mit 7/1 Stimmen nach Österreich verkauft. An die Voest. Just aus dem Weihnachtsurlaub zurückgekehrt, erfuhr Familie Schröder vom erfolgten Verkauf der Stahlfirma. In einer Krisensitzung in der Schröderschen Dachwohnung am Abend des 8. Januar brachte Doris es auf den Punkt: ,,Stellt euch einmal vor, in NRW wäre Wahlkampf und der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder würde die Thyssen-Stahl AG - ein Tochterunternehmen der Nord LB in diesem hypothetischen Fall - an die Voest Alpine verkaufen. Wie der scheinheilige Johannes dann gucken würde ... Unvorstellbar oder nicht? Aber in Nie- dersachsen läuft es genau so. Wirklich unfassbar!" Das überzeugte Ehemann Gerhard sichtbar. In ihm reifte ein verwegener Plan. Er kannte die Milliardenmanipulationen in der Preussag Bilanz. Nicht nur aus den Protokollen des Wirtschaftsausschusses des Landtages. 2,5 Mrd. DM hatte Friedel Neuber, Aufsichtsratsvorsitzender der Preussag AG, bis dato verbrannt. Das lag Gerhard mehrfach schriftlich vor. Dies Wissen nutzte der Kanzler in spe konsequent und eiskalt.
Am 9. Januar fuhr Gerhard zur Zentrale des ,,Paten des Reviers", der West LB. Dort kamen die Milliardenmanipulationen der Preussag auf den Tisch des Hauses. Gerhard machte dem Paten klar, er gehe davon aus, dass man die Sache mit der Bilanz nach Recht und Gesetz abwickeln werde. Andernfalls müsse man von juristischer Seite intensiv nachschauen..... In Palermo hätte man es nicht deutlicher machen können. Geschweige denn besser! Und rechtsstaatlicher konnte die Drohung auch nicht sein. Alles in allem ein Angebot, das der Pate nicht ablehnen konnte. Die Staatsanwaltschaft konnte er so gut gebrauchen, wie ein Loch im Kopf. Also verkaufte Friedel die Firma einfach noch einmal. In diesem Fall seinem Parteifreund Gerhard. Die zweitgrößte deutsche Stahlfirma wechselte so in weniger als 24 Stunden zweimal den Besitzer! Ein Vorgang, der in der deutschen Wirtschaftsgeschichte bis dato ohne Beispiel war. Weder Genosse Gerhard, noch Genosse Friedel hatte zudem eine Legitimation für den Deal. Der entschied indes nicht nur die Niedersachsenwahl. Mit dem Stahlwerk im Tornister wurde Gerhard schließlich sogar Kanz- ler. Die Idee hatte ihm nicht zuletzt Gattin Doris in den Kopf gesetzt. Schrödersche Familien- geschichte, die durchaus deutsche Geschichte machte. Doris, Gerhard und die große Politik...
Bad Gandersheim, den 16. Februar 2007 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
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