(* Thomas Karny - Wiener Zeitung 24. Februar 2007)
Selbst in seriösen Blättern, wie der FAZ, kann man derzeit lesen, ,,Ohne Porsche gäbe es keinen Volkswagen. Der legendäre VW-Käfer wurde von Ferdinand Porsche Ende der dreißiger Jahre entwickelt und konstruiert. Sein Schwiegersohn Anton Piëch leitete das Werk in Wolfsburg und sein Enkel, Ferdinand Piëch, ist heute dort Vorsitzender des Aufsichtsrates." Damit wird dem geneigten Leser suggeriert, bei der Beteiligung der Firma Porsche an der Volkswagen AG handele es sich um die Vollendung einer seriösen Familiensaga. Die Werbeabteilung von VW bemüht sich gar, mit der Formel ,,Das Auto" die eigenen Produkte aus der Masse der anderen Automobile herauszuheben. Sie gleichsam auf einen historischen Sockel zu stellen. Der Käfer vor der Kulisse von Hitlers KdF- Fabrik dient dabei quasi als Kristallisationskern. Doch wie solide ist Porsches ,,Auto"-Sockel?
Die Geschichte des Käfer-Konstrukteurs Porsche hält sich in der deutschen Presse seit Jahrzehnten. Wie so vieles in der Historie des Porsche/Piëch-Clans hat auch diese Legende keinen wahren Kern. Piëchs Großvater hatte die Konstruktions-Idee für den legendären Käfer vielmehr einem wirklichen Automobil-Genie schlicht und einfach geistig entwendet. Er war zwar Vermarkter, nicht jedoch Erfinder und Konstrukteur des Käfers. Porsche diente Hitler die Idee des Käfers lediglich servil an, nachdem dieser Konzepte für einen bezahlbaren Wagen für das Volk eingefordert hatte. Porsche be- geisterte Hitler mit dem Käfer-Konzept. Herstellbar für angeblich 999 Reichsmark. Der wahre Käfer-Konstrukteur war jedoch Béla Barényi. Der hatte die Idee in seiner Abschlussarbeit bereits im Jahre 1925 veröffentlicht. Und zwar unter dem Titel ,,Kommender Volkswagen mit optimaler Triebwerks-Kombination"*. Darin beschrieb der junge Konstrukteur eine stromlinienförmige Karosserie in Pontonbauweise auf einem Zentralrahmen. Der leichte Personenwagen hatte Hinterradantrieb. Er wurde angetrieben von einem luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotor. Der Motorblock befand sich hinter der Achse. Das Getriebe lag vor und das Differential auf der Antriebsachse. Zu jener Zeit ein revolutionäres Konzept für einen PKW. Barényi verabsäumte es indes, sich die Idee patentieren zu lassen. Das nutzte Ferdinand Porsche rücksichtslos aus.
Mit den Konstruktionsunterlagen seines Volkswagens hatte sich der junge Ingenieur nämlich unter anderem im Jahre 1932 bei Ferdinand Porsche vorgestellt. Der hatte am 25. April 1931 in Stuttgart ein Konstruktionsbüro eröffnet. Dort fand Barényi jedoch ebenso wenig Anstellung wie bei Steyr oder Tatra. Die Zeiten waren schlecht. Die Automobilindustrie ächzte unter den Folgen der Welt- wirtschaftskrise. 1934 unterbreitete Porsche dem Führer Barényis Idee als sein geistiges Eigentum. Der war begeistert und spendierte dem angeblichen Konstrukteur gleich eine komplette Fabrik. Direkt am Mittellandkanal. Dort liefen in Folge des Krieges jedoch keine Volkswagen vom Band, sondern Rüstungsgüter und Schwimmwagen für die Wehrmacht. Nach dem Krieg kassierte Porsche für seine angebliche Idee 5 DM für jeden Käfer. Barényi machte derweil Karriere bei Daimler- Benz. Dort basieren mehr als 2.500 Patente auf seinen genialen Ideen. Er entwarf u. a. den ersten PKW mit Knautschzone, erfand das Sicherheitslenkrad, den Flankenschutz und den Überrollbügel*.
Nachdem er von zwei Journalisten 1951 bezüglich des Käfers als Hochstapler verunglimpft worden war, strengte Barényi einen Prozess an. Der endete drei Jahre später mit einem Paukenschlag: Das Patentgericht in Mannheim bestätigte Barényi die geistige Urheberschaft am VW-,,Käfer" *. Zeit- zeugen fragten sich, ob Porsche die Lizenzgebühr für den Käfer dem rechtmäßigen Erfinder zurück- zahlen muss? Barényi selbst hat Porsches Ideen-Klau nie öffentlich kommentiert. 1989 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident den Professorentitel. 1994 wurde Barényi wegen seiner großen Verdienste für die Weiterentwicklung des PKW in Detroit in die ,,Automotive Hall of Fame" auf- genommen. Doch die Geschichte des angeblichen Käfer-Konstrukteurs Porsche hält sich bis heute. Und das, obwohl VW im Jahre 1961 zudem 3 Mio. DM an Tatra zahlen musste. Die tschechische Firma hatte VW, ebenfalls wegen des Käfer-Konzeptes, bereits vor Kriegsbeginn verklagt. ,,Das Auto" des Ferdinand Porsche in Form des legendären Käfers ist also nichts als eine Mär. Der histo- rische Sockel, auf dem ,,Das Auto" des Ferdinand Porsche steht, mithin Geschichtsfälschung pur.
Peine, den 21. Juli 2009 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz
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