2007 ging als Jahr der Bahn in die Geschichte ein (siehe Jahresrückblick 2007). 2008 steht dage-
gen eindeutig im Zeichen der Luft. Um präzise zu sein, der heißen Luft. Heiße Luft in mehr oder
weniger großen Blasen beherrschte die Gemüter und die Schlagzeilen. Dabei waren heiße Luft und
Blasenbildungen an der Börse durchaus schon weitaus früher erkennbar (siehe Börsenblasen).
Die allgegenwärtige Finanzkrise eröffnete dem Bürger Einblicke in ein buntes Biotop unterschied-
lichster Formen von heißer Luft. Insbesondere besagte Blasen in jeder Dimension. Blasen, die win-
dige Basis der Finanzmisere. Die Frage, ob die Banken die Hintergründe der Blasenbildung kom-
plett offen legen sollten, verneint Wirtschaftsminister Glos eindeutig: ,,Es könnte nämlich sein, dass
das zu einem ganz großen Kollaps führt. Die Geschichte ist auf der Zeitachse entstanden und muss
auch auf der Zeitachse gelöst werden. Die Luft darf aus diesen Blasen nicht explosionsartig, son-
dern ganz langsam entweichen. Und notfalls müssen aus einer ganz großen Blase ein paar kleinere
werden, wenn nicht alles sofort entweichen darf - und dann nacheinander." Dies Zitat und noch
viel mehr entwich Glos in seinem Interview mit Heiner Bremer beim n-tv-Talk unter den Linden.
Zwar gelten die Amerikaner als Verursacher der Blasen. Doch wer holte sie über den großen Teich?
Der Kollege von Michael Glos, Finanzminister Peer Steinbrück, kann sich rühmen, den Import der
heißen Luft ermöglicht zu haben. Sein Mitarbeiter, Dr. Jörg Asmussen, erleichterte im Jahre 2006
den Kauf der ABS-Blasen (Asset-Backed-Securities) aus den USA. Es sollten dabei ausdrücklich
,,keine unnötigen Prüf- und Dokumentationspflichten entstehen" (Siehe ZKW s. 1016 -1018).
Asmussen war - wie praktisch - gleichzeitig Beiratsmitglied der IKB und ministerieller Aufseher
der Bankenkontrolleure der BaFin. Die war somit komplett abgeschaltet. Doch statt Brandstifter
Asmussen an die Luft zu setzen, wurde er zum Staatssekretär befördert. Inzwischen spielen die
Brandstifter sogar ganz dreist Löschmeister. War die IKB gar Vorläufer der von Bankenseite in-
zwischen geforderten ,,Bad Bank"? Um privatwirtschaftliche Spekulationsverluste zu sozialisieren?
Das Optimum an heißer Luft lieferte im Jahre 2008 die VW-Stammaktie. Spitzenkurs 1005 Euro.
Gleichzeitig wurden die stimmrechtlosen Vorzugsaktien - mit derselben Dividende versehen - mit
ca. 50 Euro gehandelt. Der Luftanteil der Stammaktie belief sich also auf - rund und roh - 95 Pro-
zent. Wie die viele Luft in die VW-Stammaktie kam, ist noch zu klären. Wer davon profitierte
ebenso. Einige dieser Luftmilliarden befinden sich mittlerweile in der Firmenkasse von Porsche.
Und auch VW-Vorstände nutzten die Luftnummer, um mehr als 20 Mio. Euro abzukassieren.
Im Siemens-Korruptionsskandal wurde der Wirtschaftsprüfer an die Luft gesetzt. Offenbar reift
langsam die Erkenntnis, dass Top-Wirtschaftskriminalität über viele Geschäftsjahre hinweg ohne
den WP nur schwer vorstellbar ist. Auch dazu gab es bereits vor Jahren detaillierte Erkenntnisse.
Nur wollte das damals keiner wissen und die Justiz vertuschte die Kriminalität (siehe
Die West LB - öffentlich rechtliche Kriminalität und PwC staatlich lizensierter Wirtschaftsbetrug).
Der Bürger fragt sich inzwischen, wie eine Wirtschaft funktionieren soll, wenn Hauptbeteiligte
nicht einmal die Regeln kennen (siehe Ackermann und der Führerschein)? Noch fataler ist indes
eine andere Tatsache. Die Institutionen des Staates, die diese Regeln überwachen sollen, wie BaFin
und Staatsanwaltschaften, versagen bei Top-Wirtschaftskriminalität in Deutschland komplett
(siehe Kriminelle Staatsanwälte). Zwischenzeitlich mehren sich Stimmen von Insidern, die auf die akut
kriminellen Zustände innerhalb unserer servilen Untertanen-Polit-Justiz hinweisen (siehe
Justiz-Sumpf Deutschland). Die Tatsache, dass alle Symptome der Finanzturbulenzen auch hier zu diag-
nostizieren sind, ist Folge des vorsätzlichen Versagens der zuständigen staatlichen Kontrollorgane.
Der Spruch des Jahres kommt final auch von Minister Glos. Der gelernte Müllermeister, befragt
nach seiner Analyse der Krise, erklärt: ,,Das kann man nicht erklären, weil es nicht zu erklären ist".
Das erklärt in der Tat vieles. Der gestresste Bürger sollte indes nicht in die Luft gehen. Er sollte sich
vielmehr 2009 angesichts dieser geballten Finanz-Polit-Kompetenz Luft machen und richtig wäh-
len. Im aufkommenden Wirtschaftsorkan werden noch einige Finanz- und Polit-Blasen platzen.
Peine, den 31. Dezember 2008 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz