Hans Hennig Matthies wurde am 9. Juni 1941 in Woltorf als zweites von vier Kindern des Landwirts Johannes Matthies geboren. Seine drei Geschwister waren allesamt Mädchen. Hennigs Vater bewirtschaftete einen Hof von 40 Morgen. Damit waren keine großen Sprünge zu machen. Statt Pferde zogen bei Matthies` Kühe den Wagen. Vater Johannes war in Folge eines Unfalls stark gehandikapt. Bereits als Kind half Hennig daher auf dem Hof mit. Die Zeiten nach dem Krieg waren kein Zuckerschlecken. Vater Johannes makelte zudem ein wenig mit Land und war auch Bürgermeister des Ortes. Mit 12 Jahren schon fuhr Hennig bei der Ernte das Fuhrwerk aufs Feld.
Nach der Schule lernte er auf dem elterlichen Hof und wurde Landwirtschaftsgehilfe. Doch auch Hennig ereilte das Schicksal in Form eines Unfalls, der ihn schwer behinderte. Gleichwohl übernahm er bereits mit 23 Jahren den Hof. Im selben Jahr heiratete er Liesel, mit der er drei Kinder hatte. Hennig pachtete Land dazu und machte seinen Landwirtschaftsmeister. Für seine Töchter schaffte er sogar Pferde an - sein persönlicher Traum seit Kindheitstagen. Bald jedoch erkannte er, dass er mit seiner beschädigten Hüfte als Landwirt seine Familie nur schwer würde über Wasser halten können.
Die Kinder sollten schließlich eine gute Ausbildung erhalten. Hennig fing ganz von vorne an und machte für 550 DM im Monat eine Lehre. Liesel ergänzte die Familienkasse durch ihre Arbeit im Altenheim. Die beiden bissen sich gemeinsam durch. Er begann schließlich bei der Kreisverwaltung im Lastenausgleichsamt. Ein verdammt trockener Job für einen Landwirt. Später wechselte er zum Tiefbauamt, war fortan zuständig für den Kauf von Ländereien bei Bauvorhaben des Kreises. Dort war Hennig in seinem Element. Mit Sachkenntnis, Übersicht und strategischem Geschick kaufte und verkaufte er Land für Fahrradwege, Straßenbau- und Deponie-Projekte.
Doch schon mit 45 Jahren meldete sich erstmals der Krebs. Eines Morgens war da eine Beule am Hals. Die Untersuchung ergab: Schilddrüsenkrebs! Bei der Operation wurden die Stimmbänder verletzt. Damit endete auch Hennigs Karriere im Männergesangverein. Zahlreiche Operationen schlossen sich an. Metastasen an den Lymphgefäßen und in der Lunge wurden mit radioaktivem Jod behandelt. Mit 58 Jahren entschloss er sich, keine Operationen mehr durchführen zu lassen und quittierte den Dienst bei der Kreisverwaltung. Doch Hennig setzte sich keineswegs zur Ruhe. Das war nie seine Sache. Er kümmerte sich als Vorsitzender weiter um die Entwicklung der Forstgenossenschaft Woltorf. Mehr als 25 Jahre lang. In einem Modelprojekt arbeitete er mit an der Forstflurbereinigung. Der Jagdgenossenschaft diente er als Rechnungsführer und der Maschinengenossenschaft als 2. Vorsitzender und Gesch.ftsführer. Auch dem Realverband stand er einige Jahre vor. Natürlich war Hennig auch in der Feuerwehr aktiv - als Gerätewart und als Gruppenführer. Der CDU hielt er über 50 Jahre die Treue. Zwei Jahre gehörte er für sie dem Ortsrat an.
1994 erhielt Hennig eine neue Hüfte. Die Operation verlief zunächst erfolgreich. Doch die Wunde begann zu eitern. Er bekam zudem eine Lungenembolie. Nach einem Jahr musste die Hüfte wieder entfernt werden. Die Ärzte weigerten sich danach, ihn erneut zu operieren. Er bewegte sich fortan ohne Hüftgelenk mit einer Gehhilfe fort. Das hinderte ihn indes keineswegs daran, weiter aktiv zu sein. Er reiste zu den Pyramiden, nach Neuseeland, in die USA und nach Hawaii. In Woltorf übernahm er die Leitung des Seniorenkreises und beteiligte sich im Vorstand aktiv an der Gründung und dem Aufbau eines Heimatvereins. Den Männergesangverein begleitete er weiter engagiert als Fördermitglied und konstruktiver Kritiker. Als Doppelkopfspieler war er ob seiner Soli gefürchtet. Seinen Frohsinn und seine Zuversicht verlor er nie, obwohl der Krebs als Damoklesschwert stets über ihm hing. Sichtbare Sorgen plagten ihn nur, wenn sein Sohn Cord als Arzt im Kosovo oder in Afghanistan Dienst tat. Am 20. Februar rief Hennig bei der Doppelkopf-Runde an und sagte, er fühle sich nicht gut. Da sei wohl eine Grippe im Anmarsch. Ein paar Tage später lag er bereits im Krankenhaus. Die Blutwerte waren schlecht. Eine Entzündung war indes nicht zu entdecken. Doch bald stellte man fest, dass der Krebs sich massiv ausgebreitet hatte. Klaglos nahm er sein Schicksal an und ordnete gemeinsam mit Liesel seine letzten Aufgaben. Am 9. März 2012 starb Hennig Matthies friedlich im Kreis seiner Familie - im Elternhaus, in dem er einst auf die Welt kam.
Woltorf, den 14. März 2012 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz